Im Furnas-Tal gibt es seit über 200 Jahren einen Garten. Hoch oben auf dem Berg, vom Aussichtspunkt Pico do Ferres gesehen, erkennt man, dass es sich gar nicht um ein Tal handelt, sondern um einen Krater mit einem Durchmesser von 7 Km, die letzte Reminiszenz an einen schon seit langer Zeit stillliegenden Vulkan.
Obwohl anfänglich von den ersten Siedlern kaum beachtet, begann das Furnas-Tal Ende des 18. Jahrhunderts allmählich beliebt zu werden. Der Grund war einem wachsenden Interesse für sein Mineralwasser zur Behandlung von Krankheiten wie Rheuma und Fettsucht. Die “Furnas” besitzen hunderte kleine Quellen und Bäche, jeweils mit verschiedenen Eigenschaften. Der Park Terra Nostra befindet sich im Mittelpunkt dieser herrlichen Wasserregion.
Im Jahr 1775 errichtete der Honorarkonsul der Vereinigten Staaten in São Miguel, Thomas Hickling, ein reicher aus Boston stammender Händler, ein Sommerhaus aus Holz, das den Namen Yankee Hall erhielt. Er legte ebenfalls ein großes Wasserbecken mit einer kleinen Insel an und pflanzte etliche Bäume um das Becken. Man kann dort noch heute eine von Hickling gepflanzte englische Eiche bewundern.
1848 wurde das Anwesen vom Visconde da Praia gekauft. Er ließ 1854 das heutige Casa do Parque (Parkhaus) an der Stelle errichten, an der einst Yankee Hall stand. Die Viscondessa interessierte sich sehr für Gärtnerei: das Ehepaar erweiterte gemeinsam die erste 2 ha große Fläche und legte einen schönen Garten an mit Bächlein, dunklen Alleen und terrassenförmigen Blumenbeeten. 1896 ließ der Sohn im Garten ein Denkmal zu Ehren seiner Eltern errichten.
Nach dem Tod seines Vaters im Jahre 1872 renovierte dieser Sohn, der Marquês da Praia, das Haus, und sein Architekt arbeitete ein ehrgeiziges Projekt für die Gartenanlagen aus. In diesem Garten wurden ein mäandernder künstlicher Bach, Grotten, Buchsbaumalleen und von Orangenbäumen eingefasste Wege angelegt. Es ist schriftlich festgehalten, dass ein englischer Gärtner namens Milton oder Middleton für die Durchführung dieses Projektes verantwortlich war. Es ist jedoch bis heute unmöglich, mehr über diesen englischen Gärtner zu erfahren.
Das angrenzende Land war in kleine, mehreren Besitzern gehörende Parzellen aufgeteilt. Der Erwerb dieser Grundstücke zog sich deshalb hin bis zum Jahr 1890.
Man führte neue Arten aus Nordamerika, Australien, Neuseeland, China und Südafrika ein, von denen einige noch heute stehen und einige Teile des Parks beherrschen.
Während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erreichte die Gärtnerkunst auf den Azoren ihren Höhepunkt. Neben vielen anderen wetteiferten auch António Borges, José do Canto und José Jácomo Correia darum, wer die schönsten Gärten und die besten Sammlungen seltener Arten hätte. José do Canto interessierte sich besonders für Nutzpflanzen und spielte mit der Idee, die Azoren zu einem Zentrum für die klimatische Anpassung von Pflanzen zu machen.
Seine Sammlung umfasste mehrere tausend Baum- und Pflanzenarten, darunter auch Orchideen. Es wurden zwei britische Gärtner angeworben, P. Wallace und, 1845, der von der wohlbekannten Gärtnerei Whitley and Osborne in Fulham, London, empfohlene George Brown. Dieser ergriff eine Reihe von Initiativen, z.B. Entwurf und Anbau des Murtas Parks (heute eine Beatriz do Canto Park genannte Privatgartenanlage) in der Nähe des Hotels Terra Nostra. Er leitete ebenfalls verschiedene Hotels in Furnas und Ponta Delgada und besaß eine Gärtnerei.
Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt die Casa do Parque königlichen Besuch. Im Juni 1901 und auf Einladung des Marquês da Praia e Monforte wurde König D. Carlos I. mit einem “Fest eines Monarchen für einen Monarchen“ empfangen – so seine Dankworte. Er verbrachte eine Nacht in der Casa do Parque.
Nach dem Tod der Viscondes da Praia begann das “Aus” für den Park Terra Nostra, und in den zwanziger Jahren ging es immer mehr bergab. 1935 wurde das Hotel Terra Nostra auf einem Grundstück in unmittelbarer Nähe des Parks eröffnet. Einige Jahre später erwarb die von Vasco Bensaúde geleitete Terra Nostra Gesellschaft das ganze Anwesen. Vasco Bensaúde war auch ein begeisterter Botaniker und beauftragte den schottischen Gärtner John McInroy damit, die Restaurierung des Park Terra Nostras zu beaufsichtigen. Es wurde dann noch ein weiteres Grundstück erworben, so dass der Park schließlich die endgültige Fläche von 12,5 ha umfasste.
Die Casa do Parque wurde vollständig renoviert, das jetzt Thermalwasser enthaltende Wasserbecken wurde vergrößert und mit Verblendsteinen verkleidet, der Kanal und die Teiche wurden restauriert, viele Wege wurden wieder freigelegt und ausgebessert und einige Flächen neu bepflanzt. Nach zwei Jahren waren die Arbeiten beendet, und der Park Terra Nostra wurde für die Öffentlichkeit freigegeben.
Dies geschah während der dreißiger Jahre und die Furnas wurden als Kurbad berühmt. Zu dieser Zeit wurde auch das für die Hotelgäste und die São Miguel Gesellschaft gedachte Casino gebaut. Ende dieses Jahrzehnts begann jedoch der 2. Weltkrieg, der die Besucherzahl stark minderte.
Das Hotel büßte jedoch nichts von seiner Eleganz und Anmut ein, und der Park Terra Nostra wurde weiterhin sorgfältig gepflegt. Die Azoren waren damals wenig bekannt, und die einzigen Besucher der Furnas waren neugierige oder gut informierte Reisende. Während der siebziger Jahre wurden jedoch allmählich der Charme der Azoren und ihre pittoresken Landschaften endeckt. 1989 bekam das Hotel Terra Nostra einen neuen Flügel und der Sohn Vascos, Philipp Bensaúde, begann mit der Renovierung des Parks.
Mit dieser Neugestaltung wurde der Gartenbauer David Sayers beauftragt, der mit dem Förster Richard Green sich der Wiederbelebung des Parks widmete. Im Winter 1992/93 waren die Arbeiten beendet. Eine neue Generation von über 3000 Exemplaren von Baum- und Straucharten wurde gepflanzt, um sicherzustellen, dass Terra Nostra weiterhin und viele Jahre lang ein einzigartiger Park bleiben würde.
Wir können im Park Terra Nostra die in den Azoren endemische Flora finden, sowie eine große Anzahl von anderen Pflanzen, die aus Ländern stammen, in denen das Klima sich völlig von dem der Furnas unterscheidet. Diese Akklimatisierung ist hauptsächlich dank der Erfahrung des im Park arbeitenden Gärtnerteams möglich. Sie verstehen es so umweltfreundlich wie möglich die im Park herrschenden Bedingungen den in den Herkunftsländern der Pflanzen herrschenden anzupassen und gelangen so zu besten Ergebnissen.
Während unserer Rundgänge in diesem zweihundert Jahre alten Park finden wir Pflanzen, die sich in verschiedensten Wachstumsphasen befinden. Dazu gehören: hundert Jahre alte Bäume der Arten Metrosideros e Araucaria sowie liriodendron tulipifera, Sequoias sempervirens, Quercus robur, Taxodium ascendens, Taxodium distichum, Eucalyptus globulus, Ginkgo biloba Arten; unzählige baumartige Pflanzen, z.B. Baumfarne, Rhododendron, Magnolien und Kamelienbäume; die verschiedensten Sträucher und Blumen, unter anderen Azaleen, Hortensien, Clivien, Aronstäbe der Familie der Araceae, sowie unzählige andere Arten, die mit ihren Farben, Formen und Wachstumsgewohnheiten dazu beitragen, dass man das ganze Jahr lang diesen schönen Park mit großer Freude und reichem Gewinn besuchen kann.
Während der zwei letzten Jahrzehnte wurde das botanische Erbe des Parks mit dem Erwerb neuer Pflanzenarten weiter bereichert. Diese andauernden Bemühungen um die Diversifizierung und Bereicherung seiner Pflanzenwelt trugen dazu bei, dass dieser Park mit seinen Gartenanlagen gegenwärtig über eine der größten historisch und kulturell wichtigen Pflanzensammlungen verfügt, nämlich Farne (mit zirka 300 Exemplaren verschiedener Arten, Sorten und Cultivaren), Palmfarne oder Cycadales (mit 85 Exemplaren aus verschiedenen Arten und Unterarten), Kamelienbäume (mit über 600 Exemplaren aus verschiedenen Arten und Cultivaren). Hinzu kommt der Garten der endemischen und einheimischen Flora der Azoren (mit einigen Exemplaren der wichtigsten endemischen Pflanzen der Insel São Miguel) und schließlich der Garten der Vireyas – Malaysischer Rhododendron – mit weißen, orangefarbenen, rosa, lachsfarbenen und roten Blüten.
Vor kurzem, im Jahre 2010, wurde, um eine noch ungenutzte Fläche zu verwerten, neben dem Garten der endemischen und einheimischen Pflanzen der Azoren, eine weitere Fläche für die neue Sammlung des Parks vorgesehen – die der Bromeliazeen (Pflanzen der Familie der Bromeliaceae oder Ananasgewächse).
Bei dieser Sammlung handelt es sich vorläufig um einen Versuch. Die Pflanzen sind dabei, sich den edapho-klimatischen (wasserspeichernden) Bedingungen anzupassen Der neue Garten besitzt immerhin schon ungefähr 100 verschiedene Bromeliengewächse. Einige davon wachsen auf den herrlichen Wurzeln einiger schon bestehender Bäume, die unter dem wissenschaftlichen Namen Ocotea foentes oder einfach „Til“ bekannt sind.
Es sind noch weitere Projekte für die Erhaltung dieses einzigartigen Umfeldes geplant: ein Bambusgarten und unter freiem Himmel ein künstlicher, für die Victoria cruziana Orb bestimmter Teich. Es handelt sich dabei um eine Wasserpflanze der Familie der Nymphaeaceae oder Seerosengewächse, die aus dem Norden Argentiniens, Paraguay, Brasilien und Bolivien stammt.
Diese Pflanzenart ist eine beeindruckende Riesenseerose, deren kreisrunde Blätter, die an eine runde Springform erinnert, einen Durchschnitt von über einem Meter erreichen können. Die Blüten gehen jeweils nur an zwei aufeinander folgenden Nächten auf: In der ersten Nacht blüht Victoria weiß, in der zweiten rosarot.
Gegenwärtig besitzt der Park Terra Nostra eine der bemerkenswertesten Sammlungen aus der Kamelienwelt mit über 600 Exemplaren von verschiedenen Arten und Zuchtsorten, sowie die – sicher in Europa, wenn nicht in der ganzen Welt – bedeutendste Sammlung von Palmfarnen.
Im Jahr 2010 war die Victoria cruziana schon im Park Terra Nostra zu sehen; er ist jetzt einer der seltenen portugiesischen Gärten, in dem man diese Pflanze unter freiem Himmel beobachten kann.
Die Grandiosität und Schönheit des Parks sind vor allem dem ideenreichen Unternehmungsgeist der Besitzer zuzuschreiben, insbesondere den Bensaúde-Familienmitgliedern Patrícia und Joaquim.
Der sehnliche Wunsch dieser Familie, die majestätische Schönheit des Parks zu bewahren, lässt sie immer wieder mit großem Einsatz Mittel und Wege finden, dieses historische Erbe der Insel São Miguel weiter zu pflegen. Es lädt jeden Gast zu einem höchst lohnenden Besuch ein.